Lektion 2 - Einfaches Modelling

Inhalt

  1. Der Edit-Mode
  2. Modifier
  3. Mirror
  4. Boolean
  5. Subdivision Surface
  6. Clay Modelling

1. Der Edit-Mode

Bausteine der 3D-Geometrie (Polytope)

Der 3D Viewport hat verschiedene Object Interaction Modes (rot) mit denen sich z.B. im Object Mode (Default) auf oberster Ebene Objekte (Meshes, Lights, Cameras etc.) in der Szene manipulieren lassen, wie wir es bereits bei der ersten Übung kennengelernt haben.

3D Viewport Header

Im Edit Mode von Blender kann die Geometrie einzelner Objekte verändert bzw. “modelliert” werden. Zwischen Object- und Edit Mode kann über das Dropdown-Menu (rot) oder mit Tab gewechselt werden. Jedes Modell besteht aus den geometrischen Elementen (sog. Polytope), die sich in ihren Dimensionen unterscheiden:

  • (Eck-)Punkte (Vertex/Vertices)
  • Kanten / Strecke (Edges)
  • Flächen / Vielecke / Polygone (Faces)

Selection Mode - Zwischen Punkten, Kanten und Flächen auswählen

Der Bearbeitungsmodus (Selection Mode), welcher der drei Bausteine (Vertices, Edges oder Faces) bearbeitet werden soll, kann im Header des 3D-Editors neben dem Interaction Mode (gelb) eingestellt werden. Sie können auch mit gedrückter Shift-Taste mehrere Selection Modes aktivieren, um interaktiver die einzelnen Polytope auswählen zu können ohne ständig wechseln zu müssen.

Position, Rotation und Scale im Edit-Modus

Im Edit-Mode können die drei Grundoperationen Positionieren, Rotieren und Skalieren, die wir bislang im Object-Mode auf ganze Objekte angewendet haben, auch auf einzelne Punkte, Kanten oder Flächen, sowie auf ausgewählte Gruppen dieser Bausteine angewendet werden.

Selektion

Um eine Auswahl an Punkten, Kanten oder Flächen zu treffen, die bearbeitet werden sollen, gibt es eine Reihe von Möglichkeiten:

  • Alles deselektieren mit Alt + A, Alles (sichtbare) selektieren mit A
  • Mehrfach-Auswahl mit Shift. Einzelne Punkte, Flächen, Kanten können mit RMB ausgewählt werden. Mehrere können mit Shift+RMB ausgewählt werden. Durch mehrfaches Anklicken mit Shift+RMB können einzelne Bausteine auch wieder deselektiert werden.
  • Box-Auswahl - Die Taste B lässt unabhängig vom ausgewählten Tool eine Rahmen-Auswahl von Punkten, Flächen, Kanten zu. Mehrfaches Hintereinanderausführen von B und LMB+Drag fügt die neu ausgewählten Bausteine den bereits ausgewählten hinzu. Um eine Box-Auswahl bereits selektierter Bausteine zu deselektieren, hilft Shift+LMB+Drag.
  • Circle-Auswahl - Die Taste C lässt einen Kreis um die Maus erscheinen. Mit dem Mausrad kann die Größe des Kreises eingestellt werden. LMB+Drag wählt während der Mausbewegung jeweils alles unter dem Kreis liegende aus. Shift+LMB+Drag deselektiert alles unter dem Kreis.
  • Select-Menü - Im Edit-Modul finden sich hier eine Reihe weiterer, zum Teil sehr komplexer Auswahl-Operationen.

Dieses Video erklärt die o.a. Grundfunktionen der Selektion und ein paar weitere Details.

Box & Circle Select

Das obige Bild zeigt links die Box-Auswahl und rechts die Kreis-Auswahl im Edit-Modus.

Weitere Geometrie-Funktionen

Wichtige Funktionen im Edit-Modus, die direkt auf der Geometrie arbeiten. Alle diese Funktionen stehen sowohl als Tool (links im Fenster), als auch als Shortcut zur Verfügung.

  • Extrude E - Flächen herausziehen oder Eindrücken. Dabei entlang der Zieh-Richtung einen Ring aus Geometrie einfügen.
  • Bevel Ctrl+B - Kanten abrunden ("Fasen").
  • Create Loopcut Ctrl+R - (auch “Loop Cut and Slide”) - Erstellt einen ringförmigen Schnitt bestehend aus Kanten in das Modell. Dieser lässt sich nach einem Klick noch umpositionieren. Somit lassen gezielt Faces unterteilen, z.B. um diese dann zu extrudieren.

Das folgende Bild zeigt einen Würfel, dessen Flächen zunächst durch vier Loop Cuts unterteilt wurden. Dann wurde eine der entstandenen Faces mittels Extrude herausgezogen und schließlich wurde die Kante der extrudierten Fläche durch Bevel abgeflacht.

3D Editor Header

Neben diesen Werkzeugen gibt es noch eine Reihe weiterer Werkzeuge, mit denen direkt auf der polygonalen Struktur der Modelle (dem “Mesh”) gearbeitet werden kann.

2. Modifier

Über die Möglichkeit, der direkten Veränderung der Mesh-Struktur hinaus geht die Möglichkeit in Blender, mit Hilfe so genanter Modifier eine bestehende Struktur zu verändern. Bei den Modifiern handelt es sich um Regeln, mit denen automatisch ein bestehendes Mesh abgeändert wird. Der Vorteil hier liegt darin, dass nachträglich, also auch mit einer Reihe von bestehenden Modifiern, noch das ursprüngliche Mesh bearbeitet werden kann. Modifier können pro Objekt vergeben werden. Modifier hinzufügen, löschen, ihre Wirkung ändern etc. kann man im Properties Editor im Header auf das Schraubenschlüssel-Symbol klicken.

Im Folgenden ist eine Reihe von nützlichen Modifiern beschrieben.

3. Mirror-Modifier

Viele Modelle sind symmetrisch aufgebaut, darunter die meisten Objekte, die sich fortbewegen (Menschen, Tiere, Monster, Autos, Flugzeuge, Raumschiffe…). Um bereits während des Modellierens eine Symmetrie auszunutzen, kann der Mirror-Modifier verwendet werden. Dazu ein Objekt selektieren und dann im Properties Editor mit dem Schraubenschlüssel in die Modifier Ansicht wechseln und mit Add Modifier den Mirror Modifier hinzufügen. Das führt dazu, dass die gesamte Geometrie des Objektes dupliziert und gespiegelt wird. Nun kann das Objekt im Edit-Modus bearbeitet werden. Alle Änderungen werden auch automatisch auf die gespiegelte Kopie angewendet.

Von besonderem Interesse sind die Einstellungen

  • Axis - Gibt an, entlang welcher (lokalen) Achse die Spiegelung erfolgen soll.
  • Merge - Bestimmt, ob die beiden Teil-Objekte (Original-Objekt und gespiegeltes Objekt) am Nullpunkt entlang der Spiegel-Achse zu einem Objekt zusammengefügt werden sollen.
  • Merge Limit - Wert, der bestimmt, wie weit ein Punkt vom Nullpunkt entlang der Spiegel-Achse entfernt sein darf, damit er noch mit seinem Spiegelbild zu einem Punkt zusammengefügt wird.
  • Clipping - Wenn aktiviert, lässt sich Geometrie im Editmode auch nur bis zum Mittelpunkt der Spiegelachse verschieben.

4. Boolean-Modifier

Der Boolean-Modifier bietet die Möglichkeit, das Objekt, auf dem der Modifier definiert wurde, mit einem weiteren Objekt zu “verschneiden”. Die beiden Objekte werden als Volumen aufgefasst und die beiden Volumen mit einer der Megenoperation Schnitt, Vereinigung oder Differenz zu einem neuen Volumen verrechnet.

Mengenoperationen mit Geometrie

Die oben stehende Skizze zeigt (in einer 2D-Ansicht), wie aus zwei polygonalen Modellen A und B mit Mengenoperationen neue Formen entstehen können. Die neu entstehenden Formen sind wiederum polygonale Modelle (mit neu berechneten Kanten und Eckpunkten).

In Blender’s Boolean-Modifier heißen die Mengenoperationen:

  • Intersect - Bildet die Schnittmenge der beiden Objekte
  • Union - Bildet die Vereinigungsmenge der beien Objekte
  • Difference - Bildet die Differenzmenge. Ein Objekt bildet die “Fräsform” um ein Loch in das zweite zu fräsen.

Boolean

In obigem Bild wurde dem gerade selektierten Objekt ‘Sphere’ ein Boolean-Modifier hinzugefügt. In den Eigenschaften des Modifiers wurde das in der Szene vorhandene Objekt ‘Cube’ als zweites Objekt eingetragen und die als Mengenoperation ‘Intersect’ ausgewählt. Das Cube-Objekt wurde im Properties Editor mit dem Augen-Icon unsichtbar gemacht.

5. Subdivision-Modifier

Ein häufig angewendetes Werkzeug ist der Subdivision-Modifier. Da gerundete Formen im 3D-Modelling durch viele ebene Flächen (und entsprechend viele Kanten und Eckpunkte) angenähert werden müssen, ist das Editieren gerundeter Flächen auf polygonaler Ebene mühselig: Bei Formänderung müssen viele Punkte, Kanten und Flächen verändert werden.

Mit dem Subdivision-Surface Modifier können automatisch aus einfachen eckigen Grundmodellen, die aus wenigen Flächen bestehen, runde Objekte erzeugt werden. In Blender wird das verbreitete Catmull-Clark Verfahren verwendet, das nach seinen Erfindern benannt ist. Edwin Catmull gehörte 1986 zu den Gründern der Firma Pixar und hat 2006 mit den Miterfindern einen Oscar für den Algorithmus gewonnen.

Dabei werden die für die Rundung notwendigen Flächen erzeugt, indem jedes Viereck in vier neue Vierecke unterteilt (subdivided) wird. Die dabei entstehenden neuen Eckpunkte (und die alten Eckpunkte) werden im Raum derart neu positioniert, dass eine Rundung entsteht. Durch rekursives (wiederholtes) Anwenden kann eine beliebiege Rundungsstärke eingestellt werden.

Subdivision Modifier

Das o.a. Bild zeigt am linken Rand den Original-Würfel, der mit dem Subdivision-Modifier versehen wurde und vier mal dupliziert wurde. Von links nach rechts wurde der Catmull-Clark-Algorithmus je 1x, 2x, 3x, und 4x angewendet. Das “rundeste” Objekt am rechten Rand ist aktiv und man sieht in den Einstellungen des Subdivision-Modifiers den Wert “View: 4”. Diese Einstellung gilt für die Darstellung im 3D-View des 3D-Editors. Für das Rendering können andere Einstellungen vorgenommen werden.

6. Clay-Modelling

Gerade am Anfang ist es sehr schwierig, sich vorzustellen, wie man eine Idee für ein Modell mit Hilfe der zur Verfügung stehenden Werkzeuge in ein Blender-3D-Modell umsetzen kann. Die hier vorgestellte Vorgehensweise kommt mit den bis jetzt gelernten Werkzeugen aus und liefert meist schnelle Ergebnisse. Mit etwas Übung kommen auch sehr ansehnliche Visualisierungen dabei heraus.

Die Idee ist, sich vorzustellen, wie man ein Modell aus Knete (oder Ton = engl.: “Clay”) sehr einfach modellieren würde. Ganz automatisch versucht man, das zu erstellende Modell gedanklich in simple Grundelemente zu zerlegen, die sich sehr schnell aus Knete modellieren ließen.

Der israelische Knet-Animateur und Professor für Animation Rony Oren beschreibt auf seiner Website bereits bildlich, dass sich fast Alles aus drei einfachen Grundformen, nämlich

  • Kugel
  • Wurst und
  • Scheibe

bauen lässt. Diese Grundformen lassen sich dann durch weitere einfache Veränderungen (biegen, dicker, dünner machen, etc.) in Einzelteile des zu modellierenden Modells formen.

Dieses Konzept lässt sich sehr gut auf die digitale 3D-Modellierung übertragen. Um einfache Grundformen zu modellieren, können die in diesem Kapitel eingeführten Werkzeuge miteinander kombiniert werden:

Grundform ist immer ein Würfel, der mit einem Subdivision-Modifier versehen wird und ausreichend abgerundet wird.

Durch Extrudierung kann das Kontrollobjekt für die Subdivision-Berechnung ausreichend komplex gemacht werden. Die Modellierung kann interaktiv mit direkter visueller Kontrolle in Blender durchgeführt werden. Um an bestimmten Stellen mehr Detail zu erzeugen, kann mit Loop-Cuts gearbeitet werden. Symmetrie lässt sich mit dem Mirror-Modifier ausnutzen.

Knetfrosch

Die so erstellten Einzelteile lassen sich dann einfach durch Anordnung Objekt-Modus zum gewünschten Gesamtmodell zusammen stellen.

Um gebogene Formen wie im oben gezeigten Modell zu erzeugen, wird wiederholt eine Fläche

  • extrudiert
  • rotiert, skaliert und verschoben